05.03.2021 | 05:45
890% - Was ist hier los? – Allianz, wallstreet:online, Tencent
Um „Neues“ zu gestalten und zu erschaffen, muss „Altes“ weichen. Dafür müssen die Mutigen aber auch den nötigen Willen und die Kraft mitbringen, um den Wandel einzuleiten.
Nirgendwo sonst als an der Börse kann jeder hautnah mitbekommen, wie schnell der Wandel in den unterschiedlichsten Branchen von Statten geht. Gerade die Digitalisierung und die Onlinewelt wirbelt alle Branchen durcheinander und stellt Geschäftsmodelle grundlegend in Frage. Daher ein Schnellcheck der Unternehmen Allianz, wallstreet:online und Tencent.
Lesezeit: ca.
3 Minuten.
Autor:
Stefan Bode
ISIN:
DE0008404005 , DE000A2GS609 , KYG875721634
wallstreet:online – 890 % in 11 Monaten
Die Aktie von wallstreet:online (WKN: A2GS60 ISIN: DE000A2GS609 Ticker: WSO1) kannte seit Monaten nur eine Richtung – aufwärts. Seit März 2020 ging es von 3,00 Euro je Aktie bis Mitte Februar 2021 auf 29,70 Euro hoch. Ein Anstieg von 890 % in 11 Monaten! Im Hauptgeschäft erwirtschaftet wallstreet:online als Finanz-Community Nr. 1 im deutschsprachigen Raum das Geld mit den Werbeeinblendungen auf den unterschiedlichen Börsenportalen. Doch den sensationellen Kursanstieg brachte erst der Einstieg in die skalierbare Wachstumsstory des Online-Broker-Geschäfts zum Ende 2019. Mit der Etablierung des Smartbrokers wuchs ein ernstzunehmender Wettbewerber für die etablierten Platzhirsche im Online-Brokerage heran.
80.000 Depotkunden innerhalb eines Jahres mit einem Depotvolumen von mehr als zwei Milliarden Euro sind in der Branche nicht unbemerkt geblieben. Bis Ende 2021 soll die Depotkundenanzahl noch einmal um 75% auf 140.000 gesteigert werden. Die Hälfte des angepeilten Jahreswachstums könnte der Smartbroker aber bereits zum Anfang des zweiten Quartals 2021 schaffen und damit den Markt erneut positiv überraschen.
Die aktuelle Konsolidierung war dagegen trotz der sehr guten Wachstumszahlen überfällig.
Die erste Unterstützungszone erreicht die Aktie von Wallstreet:Online daher bei 17,70 Euro. Sollte diese keinen Halt geben, dann sollte ein Abstauberlimit bei 13,20 Euro in den Markt gelegt werden. Dort liegt ein massiver Unterstützungsbereich, der auch vom 61,8er Fibonacci-Korrekturlevel der 11-monatigen Aufwärtsbewegung unterstützt wird.
Allianz – Wachsen oder Weichen
Seit Jahrzehnten erfindet sich die Allianz immer wieder neu. Meistens nicht zu Gunsten der Versicherungsnehmer, aber zum Wohle der Aktionäre. Während Versicherungsnehmer auf Spareinlagen bei Neuabschlüssen nicht einmal mehr eine Garantie erhalten, so stieg die Dividende für die Aktionäre in den letzten 20 Jahren von 0,85 Euro auf wahrscheinlich 9,60 Euro je Aktie in 2021 für das vorangegangene Jahr an. Das wäre ein Dividendenwachstum von 1.129 % in 20 Jahren und das kann sich sehen lassen. Bei einem Kurs von 210 Euro je Aktie entspräche das einer Dividendenrendite von ca. 4,57 % p.a..
Doch neben dem organischen Wachstum und den jährlich steigenden Ausschüttungen erweitert sich die Allianz auch sukzessive. Erst am gestrigen Donnerstag verkündete der Konzern den Kauf des italienischen Schaden-/Unfallversicherungsgeschäfts der Aviva Group aus England. Für 330 Millionen Euro kaufen sich die Münchener ein jährliches Bruttoprämienvolumen von ca. 400 Millionen Euro ein. Zwar vergrößert sich die Allianz in diesem italienischen Versicherungssegment nur um 1 Prozentpunkt, baut aber dennoch damit die dortige Marktstellung auf derzeit Platz drei in Italien weiter aus.
Tencent – Beteiligungsfiletierung
Der chinesische Staat will Internet-Plattformen im eigenen Land stärker regulieren; gerade Unternehmen mit Onlinehandel sind davon betroffen. Aber auch Unternehmen mit sozialen Netzwerken bekommen ihre Strafen aufgebrummt, wobei das Strafmaß meist zwischen 50.000-200.000 Euro ausfällt und damit für milliardenschwere Tech-Unternehmen eher als Witz zu betrachten ist. Um jedoch die aktuell hohen Marktkapitalisierungen zu nutzen, trennte sich Tencent von den Anteilen an Kuaishou, einem TikTok-Rivalen, und plant nun als nächstes den Börsengang der Full Truck Alliance.
Diese wurde bei der letzten Investorenrunde mit 12 Milliarden USD bewertet und ist eine chinesische Online-Plattform für LKW-Ladungen. Es sind bereits über eine Millionen LKW-Fahrer auf dieser Plattform registriert und können dort freie Ladekapazitäten einstellen und meistbietend vermieten. Obwohl das Unternehmen noch sehr jung ist, wurde bereits in 2020 ein leichter Gewinn erzielt. Das ist im Vergleich zu vielen US-amerikanischen Tech-Unternehmen völlig untypisch, zeigt aber auch, dass Geschäftsmodelle nicht unbedingt über Jahre mit Milliarden von Euros/Dollars zur Marktreife geführt werden müssen, wenn diese gleich vernünftig aufgesetzt werden. Damit entschlankt Tencent seine Beteiligungen von selbst bevor es der Staat tut und setzt gleichzeitig Kapital frei, um die verbleibenden Geschäftsfelder weiter zu entwickeln.